HDL – was bringt dir das “gute” Cholesterin (wirklich)?
Kannst du eigentlich mit einem hohen HDL- Cholesterinwert ein erhöhtes LDL- Cholesterin ausgleichen?
Immer wieder habe ich mit Patienten oder Herz-Coachees zu tun, die mir freudestrahlend, berichten. Sie hätten zwar ein hohes LDL-Cholesterin, das sei aber nicht so schlimm, weil sie ja ein hohes HDL Cholesterin haben. Also du weißt schon „hab dich lieb „-Cholesterin, das gute Cholesterin, das angeblich vor Herz Kreislaufkomplikationen schützen soll.
An dieser Stelle muss ich leider direkt deine Hoffnung zerstören, denn ein hoher HDL- Wert schützt dich leider nicht vor den negativen Auswirkung eines hohen LDL-Cholesterinwertes.
Ja, das HDL ist ein sog. Risikomarker, d.h. ein niedriger HDL- Cholesterinwert zeigt ein erhöhtes Herz-Kreislauf-Risiko an und ist häufig mit Diabetes, einem metabolischen Syndrom oder erhöhter Entzündungsaktivität assoziiert. Auch scheint es so zu sein, dass sich eine durch Lebensstiländerung erreichte HDL-Erhöhung positiv auswirkt. Dagegen sind aber sehr hohe HDL-Spiegel mit einem erhöhten Herz-Kreislauf-Risiko assoziiert. Deswegen ist eben der berühmte HDL-LDL Quotient überholt.
Zuletzt konnte in mehreren Studien durch eine medikamentöse Erhöhung des HDL- Cholesterinspiegels keine Herz-Kreislauf Schutzwirkung erzielt werden. Z.B. zeigte eine bestimmte Wirkstoffgruppe, die sog. CETP-Hemmer trotz einer massiven HDL-Erhöhung keinerlei Schutzwirkung auf Herz Kreislauf Ereignisse.
Aber die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt und ein australisches Biopharma Unternehmen namens CSL konnte bislang nicht von der Theorie des schützenden HDL ablassen und entwickelte ein Präparat mit dem Namen CSL 112. Dies ist genau genommen aus Plasma gewonnenes infundierbares Apoprotein A, welches ein Protein des natürlichen HDL-Partikel darstellt. Dies sollte die Funktion des guten HDLs beim so genannten Reversen Transport, also dem Transport von Cholesterin aus der Körperperipherie zurück zur Leber verbessern und somit eine Schutzwirkung entfalten.
Um dies zu prüfen, wurden in der 2018 initiierten AEGIS-II-Studie insgesamt mehr als 18.200 Patienten, die im Rahmen eines Herzinfarktes stationär behandelt wurden, untersucht. Diesen Patienten wurden vier in wöchentlichem Abstand hintereinander verabreichte CSL 112 Infusionen infundiert und es wurde dann geschaut, ob Herz-Kreislauf-Ereignisse in den ersten drei Monaten nach dem Herzinfarkt hierdurch zu beeinflussen waren.
Und was soll ich sagen?
Leider nein! In den 90 Tagen nach dem Infarkt konnte im Vergleich zu Placebo die Komplikationsrate nicht statistisch signifikant gesenkt werden. Ob dies nun tatsächlich auch die letzten Hoffnungsträger endgültig frustriert hat, bleibt abzuwarten.
Für uns bleibt an dieser Stelle jedenfalls festzuhalten, dass das HDL-Cholesterin weiterhin kein medikamentöses Behandlungsziel darstellt und das wie gesagt ein hoher HDL-Cholesterinwert in keinster Weise einen erhöhten LDL Cholesterin Wert neutralisiert.
Wenn du auf deinem Laborzettel noch den HDL-LDL Quotienten, den sog. “atherogenen Index” findest, streiche ihn getrost durch.
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