Die größte Last der neuen Sparmaßnahmen in Griechenland haben wieder Rentner, Arbeitnehmer und allgemein die wirtschaftlich Schwachen zu tragen.
Ein Artikel erschienen bei griechenland-blog.gr – Quelle: Imerisia
Am Montag (05 November 2012) wurde dem griechischen Parlament die 216 Seiten umfassende Multi-Gesetzesvorlage vorgelegt, die ein ungeheures Paket von Maßnahmen für die beiden Jahre 2013 – 2014 integriert, das besonders die Rentner und Arbeitnehmer treffen, große Umstürze bei den Arbeitsverhältnissen verursachen und neue Steuern für Immobilieneigentümer, Landwirte und Sparer bringen wird. Die neue Multi-Gesetzesvorlage enthält Maßnahmen zur Einsparung von insgesamt rund 13,5 Mrd. Euro, wobei das Hauptvolumen innerhalb des Jahres 2013 zur Umsetzung kommt und es das schmerzhafteste Paket mit Maßnahmen und Reformen darstellt, welches das griechische Parlament seit der Eingliederung des Landes in den Mechanismus von Maastricht im Mai 2010 zu ratifizieren aufgerufen ist.
Abgesehen von den Umstürzen bei den Arbeitsverhältnissen mit den neuen Regelungen, welche die ganze Bandbreite der vorab geforderten Aktionen abdecken, welche die Troika als Voraussetzung gestellt hat, damit die Auszahlung der nächsten Rate der Hilfskredite voranschreitet, sind eine Reihe von Maßnahmen vorgesehen, welche speziell die sogenannten “sozial schwachen” Schichten der griechischen Gesellschaft sehr schwer treffen werden.
Kürzungen bei Sonderbesoldungsordnungen und Renten
Große Kürzungen sind auf dem Sektor der Gehaltskosten der öffentlichen Bediensteten vorgesehen. Darunter befinden sich unter anderem Kürzungen bei den Bezügen der Sonderbesoldungsordnungen – analog zu der Kategorie – von 2% bis zu 35%, die Streichung der Zulagen für Weihnachten und Ostern und der Urlaubsgelder, die Aussetzung der Prämien für die Erreichung von Zielvorgaben, aber auch die neue “Arbeitsreserve” für öffentliche Bedienstete, die praktisch einer Entlassung auf Raten gleichkommt, falls die Betroffenen zwischenzeitlich nicht das Pensionsalter erreichen.
Die größte Last der neuen Kürzungen stemmen jedoch die Rentner. Vorgesehen sind die Streichung der Zulagen für alle Rentner (also sogar auch für die hunderttausende Rentner des OGA, welche die Grundrente von knapp 350 Euro netto erhalten), aber auch die erneuten gestaffelten Kürzungen von 5% bis 15% für Beträge (Summe der Haupt- und Zusatzrente) von monatlich über 1.000 Euro. Parallel werden die derzeit für die Kinder geltenden zusätzlichen Steuerfreibeträge und andere Regelungen abgeschafft.
Weiter ist die – gegen den Widerstand der Troika wiederholt hinausgezögerten – Erhöhung der sachwertorientiert bestimmten Preise der Immobilien ab März 2013 vorgesehen, wie dies im übrigen bereits im Parlament auch Finanzminister Giorgos Stournaras angekündigt hatte. Drastische Kürzungen werden auch auf dem Sektor der pharmazeutischen Aufwendung erwartet. Parallel werden in die Multi-Gesetzesvorlage Bestimmungen über die Rekapitalisierung der griechischen Banken integriert werden, während eine Reihe von Regelungen in Zusammenhang mit den Warenmärkten sowie insbesondere den geschlossenen Berufen forciert wird, zumal in diesem Bereich noch Interventionen seit dem ersten Memorandum anhängig sind.
Unter anderem werden die letzten Beschränkungen bei vielen Berufen aufgehoben werden, wie beispielsweise bei vereidigten Buchhaltern, Steuerberatern, Leiharbeitsfirmen, privaten Arbeitsberatungsbüros, Wirtschaftsmathematikern, Fremdenführern, Ladearbeitern, privaten Anbieter primärer Gesundheitsleistungen, Zollbeamten, privaten Kioske und Cafeterien in öffentlichen Lokalitäten, Reisebüros und privaten Schulen des primären und sekundären Bildungsbereichs.
Was die neue Multi-Gesetzesvorlage im Einzelnen bringt
- Streichung von Weihnachts-, Oster- und Urlaubsgeld der öffentlichem Bediensteten.
- Plafond von 1.900 Euro bei den Bezügen der Beschäftigten der öffentlichen Unternehmen (DEKO).
- Gestaffelte Kürzungen bis zu 30% bei den Sonderbesoldungsordnungen, rückwirkend ab dem 1. August 2012.
- Verlängerung bis 2016 der Regelung “1 Einstellung auf 5 Ausscheidungen”.
- Streichung der Prämien für die Erreichung von Zielvorgaben.
- Streichung von Weihnachts-, Oster- und Urlaubsgeld bei Haupt- und Zusatzrenten.
- Anhebung des Renteneintrittsalters um 2 Jahre ab dem 1. Januar 2013, womit das reguläre Renteneintrittsalter von 65 auf 67 Jahre steigt.
- Gestaffelte Kürzungen bei den Renten von monatlich über 1.000 Euro (Summe der Haupt- und Zusatzrente).
- Kürzung bei den einmaligen Abfindungen.
- Erhöhung der Versicherungsbeiträge auch für erstmalig vor 1993 Versicherte.
- Substituierung aller Familienleistungen – Kindergelder durch eine einzige Leistung, unter Anlegung strenger Einkommens- und Vermögenskriterien.
- Zahlung der Solidaritätszulage (EKAS) an bedürftige Rentner ab 2014 nur noch an jene, die das 65. Lebensjahr vollendet haben.
- Senkung der Ankündigungszeit von Entlassungen zur Zahlung der halben Abfindung von 6 auf 4 Monate.
- Plafond bei der Höhe der Abfindung entlassener Arbeitnehmer.
- Neuer Modus der Berechnung des Mindestlohns ab April 2014.
- Änderungen der Arbeitszeiten nach kollektiven Vereinbarungen.
- Erhöhung der sachwertorientiert bestimmten Immobilienpreise ab März 2013.
- Erhöhung der Steuer auf Sparguthaben von 10% auf 15% ab 2014.
- Bestellung eines ständigen Sekretärs für Steuer- und Zollthemen.
- Aufhebung der Einschränkungen, die noch bei geschlossenen Berufen bestehen.
- Abschaffung der Anwaltspflicht bei etlichen notariellen Vorgängen.
- Eingliederung aller Kassen in den EOPYY.
- Einschränkung der Leistungen des EOPYY und Erhöhung der Kosten bzw. Selbstbeteiligung für die private Behandlung.
- Erhöhung der Beiträge der Versicherten des OGA auf das Niveau der Mitglieder des EOPYY (Anmerkung: Eine Verdoppelung der Krankenversicherungsbeiträge ist bereits beschlossen worden).
- Erhöhung der Fahrpreise bei den Verkehrsunternehmen OASA, OSE und TRAINOSE um wenigstens 25% im März 2013.
- Schrittweise Erhöhung der Tarife der öffentlichen Elektrizitätsgesellschaft (DEI) ab Anfang 2013.